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Experten sagen, dass durch eine Hormontherapie kein Brustkrebs entsteht, sondern ein bestehender in seiner Entwicklung beschleunigt wird (Foto: obs/Novartis) |
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Hormontherapie gegen Wechseljahresbeschwerden: Individualisierter Einsatz
Die Hormontherapie (HT) gegen
Wechseljahresbeschwerden ist heftig umstritten: Ist das Risiko höher
als der Nutzen? Studien belegen, dass sich durch eine HT das Risiko für
verschiedene Erkrankungen insbesondere Brustkrebs erhöht. Viele
Ärzte/Ärztinnen haben das ignoriert. Jetzt soll eine neue Stufe-3
(S3)-Leitlinie Medizinern wie Patientinnen Hilfestellung zum
Einsatz einer HT geben. Ein Fortschritt der Leitlinie: Die Behandlung
wird individualisiert auf das Leidens- und Risikoprofil der
betreffenden Frau abgestimmt.
Frauen in den Wechseljahren suchen häufig ärztliche Beratung, um sich
über eine Hormontherapie (HT früher wurde dazu Hormonersatztherapie
gesagt) mit Östrogenen - gegebenenfalls auch in Kombination mit
Gelbkörperhormonen - zu informieren. Die Behandlung soll
Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen oder Schweißausbrüche
lindern und dadurch die Lebensqualität verbessern. Allerdings: Die
Sorge vor den Nebenwirkungen ist stark gewachsen, seit dem Studien
veröffentlicht wurden, die ein HT mit einem gesteigerten Risiko einer
Brustkrebs in Zusammenhang stellen.
Die "Women`s Health Initiative (WHI)" eine Studie zum
Langzeit-Einsatz von Hormonpräparaten in den Wechseljahren hatte
festgestellt, dass nach einer fünfjährigen Einnahmen von Hormonen das
Brustkrebsrisiko der betroffenen Frauen erhöht war. In einem
Stellungnahme des Berufsverbandes der Frauenärzte wurde im Jahr 2002
der Einsatz der Hormone dennoch vehement verteidigt und die Ergebnisse
der Studie in Frage gestellt. Prof. Valerie Beral, Cancer Research UK,
dem englischen Krebsforschungszentrum in Oxford, veröffentlichte
2003 eine Studie, die den Zusammenhang zwischen der längeren Dauer
einer HT und dem steigenden Risiko für eine Brustkrebserkrankung
aufdeckte.
Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) legte dann
die erste Behandlungsleitlinie zu Hormonersatztherapie (HRT) vor.
Demnach sollte nur noch nach einem Stufenplan und bei gesicherter
Indikation unter individueller Abwägung der Risiken behandelt werden.
Zum ersten Mal wurde auch gefordert, dass Frauen besser über Risiken
einer Hormonersatztherapie informiert werden müssten. Im Jahr 2004
wurden im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und
Geburtshilfe (DGGG) die Empfehlungen zur Anwendung der HT aktualisiert.
Grundsätzlich hat sich darin die Einstellung zur hohen Wirksamkeit der
HT bei Wechseljahrsbeschwerden wie Schweißausbrüchen, Hitzewallungen
oder Urogenitalatrophie nicht geändert. Sie habe auch eine vorbeugende
Wirkung auf die Osteoporose. Zumindest erkennen die Experten aber an,
dass die Einnahme von Hormonen hat auch Risiken birgt und empfehlen,
dass HAT nur bei vorhandener Indikation, z. B. bei starken
Wechseljahrsbeschwerden zur Anwendung kommen. Sie sollte aber nur so
lange wie erforderlich eingesetzt - und regelmäßig überprüft werden."
Die DGGG stellt denn auch fest, dass die Bewertung von Nutzen und
Risiken der HT seit vielen Jahren kontrovers diskutiert wird. Um ein
differenziertes ärztliches Beratungsgespräch führen zu können, sind
hochwertige evidenzbasierte Leitlinien dringend erforderlich", erklärt
Prof. Dr. Olaf Ortmann, Direktor der Universitätsfrauenklinik
Regensburg, den Hilfebedarf für den Entscheidungsprozeß der Ärzte und
den Nutzen der Leitlinie. Er beklagt, dass eine solche bisher nicht und
auch international nur vereinzelt vorhanden sei. Und das, obwohl die HT
eine der am häufigsten durchgeführten Arzneimitteltherapien sei.
Jetzt liegt die S3-Leitlinie vor. Die Erarbeitung hat lange gedauert.
Die HT hat zweifelsfrei eine Reihe von Nutzen", begründet
DGGG-Präsident Prof. Dr. Rolf Kreienberg, Ärztlicher Direktor der
Universitätsfrauenklinik Ulm, erneut den Einsatz der Hormone . Dennoch
muss ihr Einsatz gründlich abgewogen werden, da die HT gesundheitliche
Risiken bergen kann."
Das ist vorsichtig ausgedrückt. Belegt aber deutlich den Kampf zweiter
Lager innerhalb der Frauenärzte. Die einen, die eine HT grundsätzlich
befürworten und immer noch keinen Grund sehen, Hormone nicht zu
verschreiben. Und den anderen, die Hormone nur noch in Einzelfällen
einsetzen wollen.
Die neue Leitlinie geht nur differenzierter zu Werk. Sie orientiert den
Einsatz einer HT an möglichen Beschwerden und Risiken wie
klimakterische Beschwerden, Trockenheit der Vagina (vulvovaginale
Atrophie), Harninkontinenz, koronare Herzkrankheit, venöse
Thromboembolie, Bewegungsapparat und Knochenstoffwechsel, Demenz oder
Krebserkrankungen. Anhand dieses Leidens- und Risikoprofils sollen
Ärztinnen und Ärzte dann entscheiden, ob und wie lange eine Therapie
erfolgen kann.
Da Nutzen und Risiken unterschiedlich ausgeprägt sein können, ist die
Therapie bei jeder Frau auch anders. Dieses Individualkonzept verlangt
vom Arzt/Ärztin mehr Beratung der Patientin. So betont Ortmann, dass
beispielsweise Frauen mit bereits bestehenden Erkrankungen ganz anders
beraten werden müssten als Gesunde. Auf der Basis dieser Leitlinie ist
eine individualisierte, umfassende Aufklärung möglich, sodass die
Patientin gemeinsam mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu einer
Entscheidung kommen kann", fordert Ortmann. Hoffentlich halten sich die
Mediziner daran.
WANC 08.09.09/ Quelle: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)
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